Man schenkt keinen Hund

MAN SCHENKT KEINEN HUND

Produktion der Ausstellung Man schenkt keinen Hund bei Scriptings initiiert von Christine Lemke in Zusammenarbeit mit Achim Lengerer.

Scriptings#47: Man schenkt keinen Hund (deutsche Version)

Ein mehrteiliges Buch- und Ausstellungsprojekt. Mit Beiträgen u.a. von:

Zandile Darko, Serge Fouha & Jelka Plate, Maria Iorio & Raphaël Cuomo, Anna Kryczyńska-Pham, Christine Lemke, Katrin Mayer, Karolin Meunier, Karen Michelsen Castañón mit Pedro Abreu Tejera, Daniela Carrasco, Katty Moreno Bravo & Mauricio Pereyra, Kınay Olcaytu Okzidentalismus-Institut, Anton Stuckardt, Romy Rüegger, Eran Schaerf, Sandra Schäfer, Jan Timme

Initiiert von Christine Lemke
in Zusammenarbeit mit Scriptings / Achim Lengerer

Produktion: Heiko Karn
Photo Credits: Heiko Karn, Gitte Villesen

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Mit dem 2005 in Kraft tretenden Zuwanderungsgesetz definiert sich die Bundesrepublik Deutschland erstmalig als Einwanderungsland und bringt die Reform ihrer Migrationspolitik über das Konzept „Integration“ in Stellung. Seither bilden die sogenannten „Integrationskurse“ zu denen Zuwanderer*innen – bei „festgestellter Integrationsbedürftigkeit“ – von der Ausländerbehörde oder dem Jobcenter verpflichtet werden können, den Kern des bundesweiten Integrationsprogramms.

In gegenwärtigen Leitkulturdebatten, oftmals als unerlässliches staatliches Instrument aufgerufen, soll in Integrationskursen - neben dem Erlernen der deutschen Sprache - eine zielgerichtete Form der Wertevermittlung stattfinden.

Die Lehrbücher und Unterrichtsmaterialien, ihre Inhalte und Bildwelten, sind dementsprechend nach den Vorgaben des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge entwickelt und werden auch vom Bundesamt geprüft und zugelassen. Im Sinne des „Konzepts für einen bundesweiten Integrationskurs“(1) wird in ihnen auf unterschiedliche Weise der Versuch unternommen, eine Unterweisung in deutscher Kultur und die Einübung demokratischer Werte sprachpädagogisch umzusetzen. Das dabei zu Illustrationszwecken repräsentierte Personal setzt sich in seinem Selbstverständnis demnach als „typisch Deutsch“ zusammen Im Gegenzug dazu, findet als pädagogisches Identifizierungsangebot auch die profilierte Zielgruppe der Zuwander*innen selbst ihre Darstellung, indem etwa über bestimmte visuelle Attribute oder über kulturelle / soziale Positionierungen wiederum ihr „Nicht-Deutschsein“ eingeführt und markiert wird.

Der Titel des Projekts “Man schenkt keinen Hund” ist einer Übungsaufgabe zum verallgemeinernden Pronomen „man“ entlehnt In der Aufgabe wird diskutiert, welche Geschenke in Deutschland für eine Einweihungsparty angemessen sein könnten. In der Gestaltung der Aufgabe, in ihrer Verknüpfung sprachdidaktischer Inhalte mit der Darstellung scheinbar allgemeingültiger Verhaltensweisen, spiegelt sich ein ambivalenter pädagogischer Gestus wieder.

Als ergebnisoffenes Rechercheprojekt angelegt, versucht „Man schenkt keinen Hund“ über unterschiedliche Zugänge und künstlerische / theoretische Strategien die identitären Diskurse um das Konzept „Integration“ zu befragen und diese hinsichtlich ihrer Ausprägungen in der inhaltlichen, ikonographischen und pädagogischen Gestaltung der Lehrmaterialien für Integrationskurse zu untersuchen.

Wie etwa werden die Figuren, Akteure und Personen, die in den Fotografien, Illustrationen und Texten auftreten, als „migrantische“ oder „einheimische“ unterschieden und sichtbar gemacht? Welche Definitionen des „Eigenen“ und des „Anderen“ sind in die Bilder, Texte und Hörgeschichten eingeschrieben? Mit welchem Kulturbegriff wird operiert und kulturelle Differenz produziert? Oder: In welches Verhältnis sind Sprache und Identität zueinander gesetzt?

Ein „Materialapparat“ aus einer Zusammenstellung von Kursbüchern, Audiodateien, Prüfungsunterlagen, etc. und einer Sammlung von Bildern und Illustrationen aus den Deutschlehrwerken bilden den komplexen Ausgangspunkt für das Projekt. Alle Mitwirkenden wurden dazu eingeladen, in Bezugnahme auf den Materialapparat oder aus dem Material heraus einen Beitrag zu gestalten. Die bildnerischen, filmischen, performativen oder textlichen Umsetzungen werden über einen Zeitraum von mehreren Monaten in Ausstellungs- und Veranstaltungsformaten sowie einer Publikation durch Scriptings veröffentlicht werden.

(1) „Ziel des Integrationskurses ist die Förderung der Integration von Migrantinnen und Migranten im Sinne gesellschaftlicher Teilhabe und Chancengleichheit. Weiterhin soll in einer Auseinandersetzung mit der Kultur, der Geschichte, mit den politischen Werten der Verfassung, mit der Rechtsordnung und den politischen Institutionen des demokratischen Rechtsstaates der positive Umgang mit der neuen Lebenswelt gefördert werden. Gute Deutschkenntnisse und Kenntnisse des Rechts- und Gesellschaftssystems sind ein unabdingbares Instrument, dem Ziel der gleichberechtigten Teilhabe und Chancengleichheit näher zu kommen. Gute Sprachkenntnisse Steigern die Chancen zur Integration in den Arbeitsmarkt und sind die Grundlage für eine erfolgreiche Bildungskarriere.“

"Konzept für einen bundesweiten Integrationskurs" /Bundesamt für Migration und Flüchtlinge

BAMF KONZEPT INTEGRATIONSKURS

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Hauptstadtkulturfonds und Bezirkskulturfondsmitte

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